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EU-Richtlinie zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit

18. Oktober 2023

Die EU-Kommission hat am 23. Februar 2022 den Entwurf für eine Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit angenommen. In dem Entwurf stellt das EU-Parlament fest, die Bemühungen um freiwillige Sorgfaltspflichten hätten keine signifikanten Fortschritte gebracht. Das Parlament nimmt Bezug auf isolierte Initiativen wie das französische Loi de Vigilance (2017) oder das deutsche Lieferkettengesetz (2021). Nun aber streben die EU-Institutionen einen umfassenderen Rahmen an.

Dank ähnlicher Initiativen, wie der EU-Whistleblowing-Richtlinie, streben die meisten EU-Organisationen bereits nach ethisch akzeptableren und transparenteren Geschäftspraktiken. Wenn Menschenrechts- und Umweltverletzungen jedoch wirklich bekämpft werden sollen, sind weit mehr als lokal begrenzte, isolierte Bemühungen notwendig. Europa muss als Ganzes handeln. Vor allem aber muss die EU über ihre eigenen Grenzen hinausblicken.

 

„Dieser Vorschlag verändert grundlegend, wie Unternehmen ihre Geschäfte entlang der gesamten globalen Lieferkette abwickeln. Mit diesen Regeln wollen wir für die Menschenrechte eintreten und uns an die Spitze des ökologischen Umbaus setzen. Wir können nicht länger ignorieren, was entlang unserer Wertschöpfungsketten passiert. Wir brauchen einen Wandel in unserem Wirtschaftsmodell. Die Marktdynamik zur Unterstützung dieser Initiative hat zugenommen und die Verbraucherinnen und Verbraucher drängen auf mehr nachhaltige Produkte. Ich bin zuversichtlich, dass viele Wirtschaftsführer dieses Anliegen unterstützen werden.“

Didier Reynders, Kommissar für Justiz

 

Mit der Ausarbeitung des Europäischen Green Deal will die Europäische Kommission weltweit mehr Respekt vor Menschenrechten und Umwelt erreichen. Die sogenannte EU-Lieferkettenrichtlinie soll verantwortungsvolles und nachhaltiges unternehmerisches Handeln in allen globalen Wertschöpfungsketten fördern. Die EU will sicherstellen, dass der private und der öffentliche Sektor ihre internationalen Verpflichtungen zu Menschenrechten, nachhaltiger Entwicklung und internationalen Handelsregeln in vollem Umfang einhalten.

 

EU-Lieferkettenrichtlinie: Die wichtigsten Themen

Die Organisationen werden aufgefordert, ihre Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt pragmatisch zu bewerten. Demnächst werden sie verpflichtet sein, schädliche Folgen ihrer Aktivitäten in ihrer gesamten Lieferkette zu ermitteln und gegebenenfalls zu verhindern, abzustellen oder zu mildern.

Wer ist betroffen?

  1. EU-Unternehmen
  • Gruppe 1: EU-Kapitalgesellschaften von erheblicher Größe und wirtschaftlicher Bedeutung
    • >500 Mitarbeitende
    • Nettoumsatz von über 150 Mio. EUR weltweit
  • Gruppe 2: Andere Kapitalgesellschaften, die in bestimmten Bereichen tätig sind und nicht beide Schwellenwerte der Gruppe 1, jedoch folgende Bedingungen erfüllen:
    • >500 Mitarbeitende
    • >40 Mio. EUR Nettoumsatz weltweit
  1. Nicht-EU-Unternehmen

Alle internationalen Unternehmen, die in der EU tätig sind, sofern ihr Umsatz-Schwellenwert mit dem der Gruppen 1 und 2 übereinstimmt und in der EU erzielt wird.

  1. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

KMU fallen zwar nicht direkt in den Anwendungsbereich des Entwurf, könnten aber indirekt betroffen sein, wenn sie Teil der Lieferkette anderer Unternehmen sind.

Die Anforderungen im Überblick

Die EU-Lieferkettenrichtlinie gilt für die eigene Geschäftstätigkeit einer Organisation und für jene ihrer Tochtergesellschaften und weiterer Glieder ihrer Wertschöpfungsketten. Daher sollten Organisationen direkte wie indirekte Geschäftsbeziehungen prüfen.

Die Organisationen müssen:

  • die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht in ihre Richtlinien integrieren
  • tatsächliche oder mögliche negative Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt ermitteln
  • mögliche Auswirkungen verhindern oder abschwächen
  • tatsächliche Auswirkungen beenden oder minimieren
  • Ein Beschwerdeverfahren einrichten und aufrechterhalten
  • die Wirksamkeit der Richtlinie und Maßnahmen hinsichtlich der Sorgfaltspflicht überwachen
  • öffentlich über die Sorgfaltspflicht informieren

Einige Schlaglichter

Eine wesentliche Ergänzung des Vorschlags ist die Aufnahme des Klima- und Umweltschutzes in den Due-Diligence-Katalog. Initiativen wie das deutsche Lieferkettengesetz sprechen den Umweltschutz nur indirekt an. Das EU-Pendant bezieht sich ausdrücklich auch auf negative Auswirkungen auf die Umwelt in seinen Schutzbereich. Organisationen aus Gruppe 1 müssen z. B. sicherstellen, dass ihre Strategie mit dem Pariser Abkommen vereinbar ist, das eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C vorsieht.

Der Vorschlag sieht auch die direkte Beteiligung der Unternehmensleitung vor und weist dieser bestimmte Aufgaben zu. Dazu gehören die Organisation und die Überwachung von Sorgfaltsprüfungen sowie deren Einbindung in die Unternehmensstrategie. Neben den Interessen ihres Unternehmens muss die Leitung nun auch Menschenrechte, Klimawandel und ökologische Folgen ihrer Entscheidungen berücksichtigen. Darüber hinaus wird es bei der variablen Vergütung Anreize für Pläne des Unternehmens geben, die zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen.

Die Richtlinie berüclsichtigt auch den Aspekt der Unterstützung für alle Organisationen, die direkt oder indirekt betroffen sein könnten. Der Vorschlag enthält begleitende Maßnahmen, die Orientierung geben sollen (z. B. Mustervertragsklauseln). In Zukunft sind weitere, ergänzende Maßnahmen denkbar.

Durchsetzung

Jeder Mitgliedstaat wird nationale Verwaltungsbehörden nennen müssen, welche die die Einhaltung der Vorschriften überwachen. Diese Behörden können dann bei Nichteinhaltung unter Umständen Bußgelder erheben. Darüber hinaus werden mögliche Opfer die Option haben, rechtliche Schritte rechtliche Schritte wegen Schäden einzuleiten, die durch angemessene Sorgfalt hätten vermieden werden können.

Zeitrahmen

Der Vorschlag wird dem EU-Parlament und dem Rat zur Bestätigung vorgelegt. Nach der Verabschiedung haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen und der Kommission die entsprechenden Texte zu übermitteln. Für die Gruppe 2 gelten die Regeln 2 Jahre später als für die Gruppe 1. Dieser Prozess wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Doch die EU-Kommission empfiehlt, dass Organisationen ab sofort ihre Werte, ihren Zweck und ihre Ziele mit den künftigen Bestimmungen in Einklang bringen.

Quelle: Europäische Kommission-parteien, einschließlich Lieferanten!

Whistleblowing in Ihrer Lieferkette

Lieferketten-Technologien sind dabei, sich dauerhaft zu etablieren. Bislang waren europäische Organisationen nicht verpflichtet, einen Beschwerdemechanismus für Dritte einzurichten. Die Initiativen bezüglich Lieferketten scheinen jedoch in eine andere Richtung zu gehen. Das Lieferkettengesetz fordert deutsche Unternehmen schon heute auf, Lieferanten Beschwerdemechanismen zur Verfügung zu stellen. Mit der EU-Lieferkettenrichtlinie werden wohl ähnliche Anforderungen gelten.

Dank der Whistleblowing-Richtlinie richten derzeit viele europäische Organisationen ein System für die Meldung von Missständen ein. Wir haben schon vielen Organisationen geholfen, mit diesem Thema umzugehen. Daher ermutigen wir Sie, das kommende EU-Lieferkettengesetz als Chance zu sehen: Es ist eine Gelegenheit, Richtlinien und Prozesse zu prüfen und zu beurteilen, ob Ihr aktuelles System das Problem wirklich löst. Ist Ihr Whistleblowing-System den kommenden Veränderungen gewachsen? Oder müssen Sie mit der Auswahl und Implementierung bald wieder von vorne beginnen?

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